Künstler:in
Claus Görtz
(* 1963 Neumünster, lebt und arbeitet in Schattin bei Lübeck)
Titel
Der Sonntagsspaziergang
Datierung
2008
Technik
Holz, Bronze und Messing
Beschreibung

Die Figurengruppe Sonntagsspaziergang entstand 2008 als Auftragsarbeit des Lübecker Bauvereins für das im Herbst des Vorjahres fertiggestellte Bauprojekt „Wohnen am Malerwinkel“. Sie zeigt Vater, Mutter und Sohn beim sonntäglichen Familienausflug. Die einzelnen Figuren bestehen aus hölzernen Stelen mit aus Bronze gegossenen Köpfen, deren weitgehend realistische Auffassung im Gegensatz zur abstrahierten und auf den Oberkörper reduzierten Wiedergabe der Körper steht. Bei der Wahl seines Themas wurde der Künstler möglicherweise durch die örtliche Umgebung inspiriert. Der sogenannte Malerwinkel, der einen wunderschönen Ausblick auf die Lübecker Altstadt mit ihren Türmen bietet, liegt am Westufer der Trave, entlang der nördlichen Wallstraße zwischen Possehlstraße und Dankwartsgrube und bildet aus historischer Sicht einen Ausläufer der Lübecker Wallanlagen. Nachdem diese im 18. Jahrhundert ihre ursprüngliche Abwehrfunktion verloren hatten, begann man wie in anderen Städten mit ihrer Begrünung, pflanzte Alleen und legte Spazierwege an, die den Bürgerinnen und Bürgern damals wie heute eine Oase der Ruhe und der Erholung bieten sollten. Als aristokratisches „Lustwandeln“ in Gärten und Parks ursprünglich der oberen Gesellschaftsschicht vorbehalten, entwickelte sich der Spaziergang im 18. Jahrhundert zum neuen Freizeitvergnügen des Bürgertums und fand als Motiv Eingang in Literatur und Bildende Kunst. Claus Görtz’ Sonntagsspaziergang erscheint weniger als Darstellung eines bürgerlichen Idylls, als vielmehr eines lästigen Rituals. Frech streckt der Junge den Entgegenkommenden seine Zunge heraus, Ausdruck seiner Unlust und Langeweile. Während der Vater das Verhalten seines Sohnes ignoriert, macht die Mutter mit gespitzten Lippen ihr Mißfallen darüber deutlich.

Biografie

Der Bildhauer Claus Görtz wurde 1963 in Neumünster geboren und wuchs in Lübeck auf. Bevor er sich als Autodidakt der bildenden Kunst zuwandte, absolvierte Görtz zunächst eine handwerkliche Ausbildung und arbeitete dann als Musiker. 1991 gründete er das Atelier „Kunst & Design” und ist seitdem als freischaffender Künstler tätig. 1996 trat er der Ateliergemeinschaft „Wunderwerkstatt“ bei. Im Jahr 2000 bezog Görtz ein Wohnhaus und Atelier in mecklenburgischen Dorf Schattin und gründete hier 2002 die „Schattiner Künstlergemeinschaft“, die jährlich zu Pfingsten ein Kunstfest ausrichtet. 2006 wurde er Mitglied der Gemeinschaft Lübecker Künstler. Seit 2007 unterrichtet Görtz als Dozent an der Kunstschule der Gemeinnützigen in Lübeck, wo er in Kursen für Stein- und Holzbildhauerei seine Erfahrung weitergibt. Der Bildhauer schuf mehrere Arbeiten für den öffentlichen Raum, von denen sich sechs im Lübecker Stadtgebiet befinden. Im Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens steht der Mensch.

Stifter
„Kunst am Bau“ durch den Lübecker Bauverein, Auftragsarbeit
Kategorie
Kunst am Bau
Standort
Wallstraße 23-27, Wohnanlage
Literatur
Gudrun M. König, Eine Kulturgeschichte des Spaziergangs. Spuren einer bürgerlichen Praktik 1780-1850, Wien 1996 (Kulturstudien, Sonderband 20).