Künstler:in
Peter Thienhaus
(* 1911 Berlin, † 1984 Lübeck)
Titel
Schlaraffenland
Datierung
1953
Technik
Wandmalerei
Beschreibung

Für die Gestaltung der niedrigen, breiten Wandfläche oberhalb der Eingangstüren der Schulmensa wählte Peter Thienhaus thematisch passend die Darstellung des sagenhaften Schlaraffenlandes. Bereits seit der Antike existiert das erzählerische Motiv eines fiktiven Ortes, an dem alle nur vorstellbaren Delikatessen den Menschen im Überfluss zur Verfügung stehen. Die Tradition dieser Erzählungen führt bis in das 19. Jahrhundert fort, als das „Märchen vom Schlaraffenland“ Eingang in die Märchensammlungen der Brüder Grimm und des Ludwig Bechstein fand. Anschaulich schildert Thienhaus in seiner Wandmalerei die Verlockungen des Schlaraffenlandes. Ein Fluss, der sich im unteren Bereich quer durch die Darstellung schlängelt, scheint aus flüssiger Schokolade zu bestehen, auf der verschiedenste Backwaren, fertig zubereitete Meerestiere und Platten mit Braten und Kuchen dahintreiben. Im hinteren linken Bereich ist ein Lebkuchenhaus zu erkennen, rechts erhebt sich eine Bergkette aus Kuchen und Pudding. Den Mittelpunkt seiner Darstellung bildet ein mächtiger Baum, an dessen Ästen Käselaibe, Schinken, Würste, Backwaren und exotische Früchte hängen. Weinflaschen und gekochte Eier auf zwei Beinen stehen für den Verzehr bereit, gebratene Tauben, Spanferkel und gedünstete Fische fliegen umher. Bevölkert wird die Szenerie von den menschlichen Bewohnern, die all die kulinarischen Verlockungen in vollen Zügen genießen. Doch diese scheinbar paradiesischen Zustände entbehren nicht einer gewissen Tragik. So haben die Menschen des Schlaraffenlandes durch ihren zügellosen Genuss eine Körperfülle erreicht, die ihre Kleidung zu sprengen droht und sie nahezu bewegungsunfähig werden lässt. Drastisch zeigt sich dies in der Figur des Mannes am rechten Bildrand, der rotgesichtig und schwitzend seinen enormen Bauch in einer Schubkarre vor sich her transportiert. Peter Thienhaus greift somit auch den mahnenden Aspekt der Schlaraffenland-Erzählungen auf, die die allzu menschlichen Laster Dekadenz, Maßlosigkeit und Faulheit kritisieren.

Biografie

Peter Thienhaus wurde in Berlin geboren und wuchs in Lübeck auf. Seine künstlerische Ausbildung erhielt er von 1929 bis 1933 an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst Berlin u.a. bei Emil Orlik. Nach Abschluss seines Studiums war er erfolgreich als freier Grafiker und Buchillustrator tätig, bis er 1940 für den Kriegsdienst eingezogen wurde. Nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft ließ der Künstler sich 1948 in Lübeck nieder und war hier erst freischaffend, dann in der Bauverwaltung tätig. Ab 1959 arbeitete Thienhaus wieder freischaffend, zahlreiche Studienreisen führten ihn in den Mittelmeerraum und den Vorderen Orient. In den 1960er und 1970er Jahren übernahm der Künstler in Norddeutschland zahlreiche Aufgaben für „Kunst am Bau“ und experimentierte dabei mit vielfältigen Techniken und Materialien. In einer Fülle großer und kleiner Arbeiten ist sein künstlerisches Werk somit bis heute in Lübeck präsent.

Stifter
„Kunst am Bau“ durch das Hochbauamt Lübeck
Kategorie
Kunst am Bau
Standort
Dieselstraße 16, Schule an der Wakenitz, Schulgebäude
Literatur
Kurt Mai, Bauen in Lübeck. Städtische Hochbauten und Kunst am Bau 1949-1969, Lübeck 1999.

Bilder